Ich freue mich, heute zur installativen Ausstellung OIKOS von  Elke Sackl zu sprechen!

OIKOS: Griechisch: das Haus, bezeichnete im alten Griechenland die Gesamtheit des Hausstandes als ökonomische und soziale Einheit. Die Worte Ökologie und Ökonomie leiten sich davon ab, Oikos bezeichnete zB. ein Landgut, seine Bewohner samt Gesinde und auch die Regeln, nach denen der Hausstand nach innen und außen funktioniert etc.

 In der Soziologie und Wirtschafts-Anthropologie  hat  den Begriff u.a. Pierre Bourdieu verwendet: er bezeichnet damit die Summe der Einflüsse gesellschaftlicher und persönlicher Natur, die uns als Individuum prägen, unsere Vorlieben und Ansichten mit formen und uns zum B. zu Mitgliedern gewisser Klassen oder Gruppen machen.

In diesem Sinn stellt sich Elke Sackl Fragen nach der Bedeutung von Herkunft, Familienstruktur und persönlicher Geschichte für das jeweilige Selbstverständnis.

Ausgehend von diesem zentralen  Begriff des Hauses  nimmt sie die Zutaten ihrer heutigen Installationen  beispielhaft aus ihrer eigenen Geschichte:

zB. aus dem ersten Haus, das sie persönlich geprägt hat, nämlich das Haus ihrer Großeltern in Saiga Hans, ein Sacherl mitten einem Wald voller Heidelbeeren, ohne Strom und fließendes Wasser,  die Ziegen als hauptsächliche  Lebensgrundlage,  in dem Elke als Kind  viel Zeit verbracht hat. 

Im Zentrum der Installation steht das filigrane Gerüst des Hauses, ikonisch aufs Minimum reduziert, auf wenige Linien, darin eine Schale, das Buddhistische Symbol für den Menschen.

Die Wände dieses Hauses, - als textile Objekte an eine Membran erinnernd   finden wir davon abgelöst, nur in gedanklicher Verbindung gegenüber an der Wand. Symbolisch beschreiben die 4 Wände den erlebten Tagesablauf .  Futter Ziege Milchschale  Ziege Futter  die Milch als das Nährende, ..dann abends die Lampe  die lichte Seite der Großeltern, der Anstoß, zu  Lesen, zur  Philosophie, zum Buddhismus.… doch dann auch nachts die dunkle Seite der Geschichte : das Mutterkreuz  4 (nicht 5 ) Söhne stehen  2 Töchtern gegenüber.

Auch in der Arbeit „Mutterlinie“ greift sie in die Geschichte ihrer Familie zurück. Für mich wirft die Frage: „wo komm ich her ?“ , immer automatisch auch spiegelbildlich das „wo geh ich hin?“ auf.- -

Elke Sackl ist in Ried geboren und lebt heute mit ihrer Familie in Altenberg bei Linz. Immer schon zeichnend, hat sie die Kunst seit etwa 20 Jahren  zu einem zentralen Anliegen gemacht .  Die Kunst ist ihr ein Mittel dazu, Stellung zu beziehen. Sie wählt oft schwierige Themen und hat sich in Installationen z.B. zu zeitgeschichtlichen Themen oder zum Thema Missbrauch geäußert. Sie ist Mitglied der Welser Künstlergilde und hat sich  gemeinsam mit Walter Gschwandtner in der Kulturinitiative „Narrenschiff“ aus ihrer buddhistischen  Perspektive mit Spiritualität und Religion im weitesten Sinn auseinandergesetzt.

 

Die Kunst als nährendes Element, wie sie sagt,  lässt uns Elke Sackl in der Installation „Ziegenmilch“ buchstäblich erfahren, wenn wir  eingeladen sind, einen Schluck Ziegenmilch  bewusst in uns  aufzunehmen, alle Sinne  einzusetzen, wenn es um Erfahrung geht.

Die  Auseinandersetzung mit dem Thema Flucht  - aus gegebenem Anlass 2015 - hat für Elke Sackl sehr schnell  zu Begriffen wie Behausung, Heimat, Identifikation geführt und letztlich zu der symbolischen Repräsentation des Hauses.

Das Themenfeld des Hauses ist weit, sie beschränkt sich bewusst, arbeitet in dieser Ausstellung in ihrer Geburtsstadt gewissermaßen ihre persönliche Geschichte ab, sieht das aber als Beginn einer längeren Auseinandersetzung mit dem Thema.–

So ist die heutige Ausstellung einerseits sehr persönlich, sie greift aber darüber hinaus  in einen Diskurs über Herkunft und Identität, über Verwurzelung, Habitus und und Entfremdung.

 

Als Gastbeitrag und assoziative Ergänzung sehen wir das Video "Fremd bin ich eingezogen": der Welser Videokünstlerin  und Fotografin  Ulli Stelzer; 3 Stills aus dem Video sind in der Auslage zu sehen. In diesem Video performt  Bianca Anne Braunesberger  assoziativ in und mit dem Haus von Elke Sackl.  Den sound zum Video hat Stefan Haslinger beigesteuert mit analog gesampleten Gitarresounds, die er in loops immer mehr verfremdet..Das Video ist übrigens, wie die meisten Installationen von Elke Sackl, in schwarz weiss.gehalten.

 

Sigrid Kofler, Mai 17