lines and more

Ursula Bolck Jopp, Zeichnung Malerei

Nikodemus Löffl Holzarbeiten

 

Gemeinsam ist den Beiden die Reduktion in ihren Werken, das leise, feine, subtile.

Barbara Bolck Jopps Zeichnungen kommen mit minimalen grafischen Mitteln aus, erzählen aber implizit poetische, witzige oder absurde Geschichten. Nikodemus Löffls durchbrochene und filigrane Körper beziehen konzeptionell die Lebendigkeit des Werkstoffs Holz in den Formungsprozess ein.

 

Eröffnung: Do, 6. Mai 2010, bis 29. Mai 2010

 

Einführung Sigrid Kofler

www.u-bolckjopp.de

 

Ich freue mich, dass wir wieder einmal mit Künstlern von weiter weg, diesmal aus Bayern, aus der Gegend von Landshut , über den regionalen Tellerrand blicken können, ich möchte die Beiden kurz vorstellen:

 

Ursula Bolck Jopp ist in München geboren, studierte an der Akademie der bildenden Künste in München und lebt seit 1988 als freiberufliche Künstlerin zuerst in Düsseldorf, seit 1994 lebt sie mit ihrer Familie im Landkreis Landshut.

2008 verbrachte sie einige Zeit im Zuge eines Art in Residence Stipendiums am Virginia Center for the Creative arts in den USA, wo auch etliche der heute gezeigten Arbeiten entstanden sind .

 

Nikodemus Löffl, geboren 1960, besuchte die Berufsfachschule für Holzbildhauer in Oberammergau, seit 1992 ist er freischaffend als Bildhauer tätig, daneben setzt er Kunst am Bau Projekte um und zwar seine eigenen, er unterstützt aber auch andere Künstler in der Projektumsetzung. Daneben betreibt er in der Zaglmühle bei Wartenberg im Landkreis Landshut, wo er mit seiner Familie lebt, eine kleine Sägerei.

 

"Die Linie ist ein Punkt, der spazieren geht" – so hat es Paul Klee einmal poetisch ausgedrückt und sehr leichtfüßig muten die Arbeiten von Ursula Bolck Jopp an, nicht nur, wenn sie Textzeilen von Poeten assoziativ mit ihren Zeichnungen begleitet.

Doch die Linie ist mehr – sie zeugt zum Beispiel seit den Höhlenmalereien der Steinzeit von der Fähigkeit des Menschen, komplexe visuelle Information durch Abstraktion auf das Wesentliche, zum Beispiel auf die reine Kontur zu reduzieren.

Die Linie spielt auch eine große Rolle in der Entwicklung von Schrift, von standardisierten Zeichen, die je nach Zusammenhang verschiedenes bedeuten.

Ursula Bolck Jopps Arbeiten, die sich zwischen Malerei, Zeichnung und Collage bewegen, verwenden ebenfalls reduzierte Zeichen, Elemente, die immer wieder vorkommen und doch in unterschiedlichem Zusammenhang andere Stimmungen vermitteln. Ihre Bilder nimmt man als Momentaufnahmen wahr, die aber ganze Geschichten im Kopf entstehen lassen, heitere, nachdenkliche, absurde.

 

Die Linie ist aber noch mehr. Mein Brockhaus aus dem Jahr 1903 definiert sie so schön:

„Die Linie ist ein in der Länge Ausgedehntes ohne Breite oder Dicke“. Doch ist das nicht die ganze Wahrheit, denn ganz ohne Breite oder Dicke wäre sie nicht da. So war die Linie im 17 und 18. JH auch eine Maßeinheit, mit der zB die Dochtbreiten von Petroleumlampen, aber auch feinmechanische Teile der Uhrmacher gemessen wurden. Sie stellte den 12. Teil eines Zolls, den 144stel eines Pariser Fußes dar und entspricht etwa 2,2 heutigen mm.

 

Linien können Dinge oder Orte verbinden, sie können sie auch trennen, die Linie definiert oft erst das Umliegende.

In diesem Sinn beschäftigt sich auch Nikodemus Löffl als Bildhauer mit der Linie: er schneidet, schraffiert sozusagen dreidimensional, schafft durch das Schneiden von allen Seiten neue Linien im Inneren der Körper, die der Grundform im buchstäblichen Sinn Zusammenhalt verleihen..

Die lineare Auflösung und Rasterung macht die strengen Grundform Quader durchscheinend, Raum und Skulptur durchdringen einander.

Die Lebendigkeit des Werkstoffs Holz bezieht Nikodemus Löffl in seinen Arbeitsprozess mit ein, das noch grün bearbeitete Material darf sich nach Belieben dehnen und strecken.

 

Linien kennen wir auch im übertragenen Sinn, manche Linien verfolgt man ein Leben lang, manche verflüchtigen sich, brechen ab oder enden. Wir finden neue Linien, kommen an Kreuzungspunkte und müssen uns entscheiden. Auch in unserer künstlerischen Arbeit suchen wir immer unsere persönliche Linie, nicht immer verläuft sie gerade.

Doch hier gilt, wie Bertold Brecht einmal sagte: „Angesichts von Hindernissen mag die kürzeste Linie zwischen zwei Punkten die Krumme sein“.

 

Sigrid Kofler Mai 2010