kleine welten zeigt in der kleinen galerie20gerhaus kleinformatige Arbeiten zum Titel: die Serie bettgeschichten von Meinrad Mayhofer,  details von Martina Waldenberger und Arbeiten aus der Serie mein wasser von Sigrid Kofler

Bei der Eröffnung spricht Hanna Kirmann ein klein wenig, Günther Fessl spielt kleine musik

 

 

Fotos: Georg Thuringer, Passau

 Einführung kleine welten

 

 Wir alle sind Teil einer Welt der Superlative, der Gigantomanien - etwas zynischer formuliert. Ich selbst bin der lebende Beweis! Obwohl ich zunehmend an meinem Tun zweifle, unterrichte an der „besten“ Schule Österreichs , hab‘ noch eine Nebenlehrverpflichtung an der „innovativsten“ Schule – zufällig gleich nebenan. Beide befinden sich in der ältesten und größten Stadt des Innviertels, so will es uns zumindest das Braunauer Stadtmarketing verkaufen. Aufgewachsen bin ich in einem Ort namens Altheim, seit kurzem Geothermiehauptstadt Europas. Extravagant, glamourös, total global, weltmännisch, ja weltumfassend sollen wir, soll unser Tun, unser Denken, nicht zuletzt unsere Kunst sein. „Klein“ wird gleichgesetzt mit unwichtig, unbedeutend, schwach, gering, marginal, unzureichend. Dabei kann es doch nichts Anderes als „überschaubar“ heißen und eine überschaubare, beherrschbare Welt wäre gerade heutzutage mehr Segen als Fluch.

 

Erfrischend unverkrampft ist deshalb der Zugang von Martina Waldenberger, Meinrad Mayr¬hofer und Sigrid Kofler, die hier heute ihre Sicht auf die kleinen Dinge des Lebens mit uns teilen. Der Titel „Kleine Welten“ erscheint hier nicht als Widerspruch an sich, sondern untermauert vielmehr die philosophische Theorie, dass allem Großen etwas im Kleinen ent-spricht. Demzufolge würde die Kenntnis, Erforschung und Beherrschung des unmittelbaren uns umgebenden, wenn vielleicht auch kleinen Kreises mehr zur Erkenntnis der Wirklichkeit beitragen als jene aussichtslose Bemühung, die Welt als solches, als Ganzes erfassen zu wol-len. Dem Erkenntnisgewinn aufgrund verschiedener Wahrnehmungen aus der Modellhaftig-keit des Mikrokosmos für den Makrokosmos widmen sich Wissenschaft und Philosophie. Die Kunst bescheidet sich wie immer mit der Sichtbarmachung der Dinge. Dem Betrachter ob-liegt, wie Meinrad Mayrhofer es nennt, die hoffnungslos subjektive Interpretation der Dinge – zur jeweiligen Welt passend – sei sie vermeintlich klein oder groß und weit.

 

Martina Waldenberger will mit ihren Arbeiten dieses vermeintlich „Banale“, wie sie sagt, sichtbar machen. Sie beschäftigt sich schon seit mehreren Jahren mit der realistischen Dar-stellung von verschiedenen Strukturen, Texturen und Stofflichkeiten. Wolken, Fell, Feuer, Stroh, Maschendraht - in der Auswahl der Motive kann sie einen gewissen „textilen“ Blick auf die Welt nicht verbergen. Vor allem Faltenwürfe haben es ihr schon lange angetan. In einer Zeit der Projektion, Reproduktion und des Digitaldrucks ist sie, ganz der Authentizität entsprechend, die sie in allem lebt, mit unglaublicher Akribie an der Staffelei, dem Können der großen Meister auf der Spur, wobei es ihr nicht in erster Linie um die reine Technik geht. Sie schätzt als Schaffende den fast meditativen Aspekt dieser Art von Malerei; und auch wir als Betrachter erfahren Entschleunigung. Die Meisterschaft ihrer Malerei erfasst nicht nur die Stofflichkeit, sondern vermag auch Atmosphärisches zu transportieren.

 

Durch ihren Blick auf die Dinge, gleichsam der Zoomfunktion einer Kamera, wird der Be-trachter neu sensibilisiert, und es offenbaren sich ihm ganze, spannende, reiche Welten.

 

 Meinrad Mayrhofer setzt sich in seinem Werkzyklus mit dem Arbeitstitel „Vom Kindbett zum Sterbebett“ sozusagen mit dem Bett als Nabel des Weltgeschehens auseinander. Die kleinen Skulpturen, Reliefs und Malereien versuchen das Bett als Schauplatz sehr realer, aber auch metaphysischer Erlebnisse zu erfassen. Doch natürlich nicht das Bett als solches, vielmehr die Menschen, die es bevölkern. Gestik und Mimik der Figuren lässt viel Platz für eigene Ge-schichten und Interpretationen. Obwohl manche Situation sicher eigener Erfahrung ent-springt, sind die transportierten Emotionen eher subtil und mehrfach interpretierbar. Mit größtem Vergnügen, wie er selbst sagt, lauscht er gespannt den unterschiedlichen Versionen bzw. Projektionen der Betrachter und zieht seine oft sehr vergnüglichen Rückschlüsse. In menschlichen Beziehungen gibt es generell keine allgemein gültigen Wahrheiten, aber es geht Meinrad Mayrhofer im Allgemeinen nicht mehr um Antworten. Mehr und mehr akzep-tiere und gebe er sich mit zunehmendem Alter einer gewissen Verrätselung hin, doch in ei-nem ist sich der Künstler sicher: Wer es nicht schafft, im eigenen Ehebett Frieden zu stiften und zu halten, der braucht sich am Weltfrieden erst gar nicht zu versuchen.

 

 „Mein Wasser“ nennt Sigrid Kofler ihre Serie keramischer Objekte. In erster Linie spielerisch macht sich die Künstlerin laut eigener Aussage an die Umsetzung Ihrer Miniaturen. Als lust-volles Experiment hat es begonnen. Sie sei ja eigentlich keine Keramikerin, erinnert sich die Künstlerin, und die technische Umsetzung habe sie am Anfang überfordert. Davon ist nichts mehr zu sehen. Gleich einem dreidimensionalen Tagebuch schildert sie in Ton mit großer Liebe zum Detail Situationen mit und am Wasser, die sie selbst erlebt hat und in denen sie manchmal auch selbst auftritt. Es ist ein stets liebevoller, manchmal vielleicht ironischer, niemals jedoch zynischer Blick auf diese Szenen menschlichen Alltags, ganz wie es einer, wie sie selbst sagt, unverbesserlichen Menschenfreundin und Optimistin entspricht. Jean Paul hat einmal gemeint, von einem überirdischen Blickwinkel wäre die Welt nur klein und eitel; wer aber die kleine Welt mit jener Portion Humor dazu verwende, die unendliche auszumessen, in dem entstünde jenes Lachen, worin Größe enthalten sei. Dieser Größe und diesem Lächeln bin ich hier heute begegnet – ich hoffe, auch Sie.

 

 Mag. Hanna Kirmann Juli 2014