Vielen Dank an Alois Endl für die 360° Panorama-Tour in der Galerie. www.aloisendl.com
Herzlich willkommen zur diesjährigen Dezemberausstellung, ein Format, das im 20gerhaus schon lange Tradition hat. Als Gemeinschaftsausstellung der Künstler und Künstlerinnen der Galerie zu einem jährlichen Motto, angereichert durch ausgesuchtes Kunsthandwerk, bietet die Ausstellung wie immer eine Fülle von unterschiedlichen Techniken, Formaten und Materialien, gleichzeitig auch einen dichten Überblick über das regionale Kunstschaffen. Manche der AusstellerInnen sind seit vielen Jahren immer dabei, man kann so ihren Weg verfolgen, manche AusstellerInnen sind erstmals vertreten und bringen neue, spannende Positionen ein.
Die Interpretation des Mottos ist auch heuer sehr divers, machen sie sich selbst ein Bild!
Ich steuere heuer folgende Moralpredigt bei:
"What a mess! Welche Unordnung! So ein Chaos! Was für ein Schlamassel!"
Ein Ausruf, den wir im Kleinen wie im Großen täglich brauchen können – im Kleinen, wenn mein Hund wieder ein paar Blumentöpfe die Stiege hinuntergeschmissen hat oder wenn wir uns die Innenpolitik der letzten Monate ansehen, im Großen, wenn wir sehen, wie die Mächtigen dieser Welt sich nicht einigen können und wie wir selbst unsere Erde durch unser Verhalten an den Rand eines Abgrunds führen.
Doch: Was tun?
Vielfach verzweifelt man schier an der Vielfältigkeit der Problemstellungen und Komplexität der Materie und zieht sich resignierend in die Privatheit zurück. Doch dadurch, dass wir den Kopf in den Sand stecken, werden wir die Situation nicht verbessern, die meisten der Problemfelder lassen sich nicht durch Untätigkeit aussitzen, meine zerbrochenen Blumentöpfe werden sich nicht von selbst aufräumen, ich muss aktiv werden und die Scherben zusammen klauben, die Pflanzen wieder neu eintopfen.
So müssen wir alle die Gedankenlosigkeit abschütteln, unsere Rechte und Pflichten als Menschen und Bürger bedenken und unsere Welt aus den Augen unserer Enkel betrachten. Denn unsere Enkel werden uns fragen: was habt ihr damals gemacht? Gegen die maßlose Verschwendung unserer Ressourcen, gegen den Klimawandel, gegen autoritäre Tendenzen?...
Doch: was tun?
Das 20gerhaus greift seit vielen Jahren neben der reinen Kunstvermittlung auch gesellschaftspolitische Fragen auf, und bietet ein Forum für den freundschaftlichen Gedankenaustausch und ein Laboratorium für neue Ideen und Aktionen. Wir freuen uns immer über Anregungen und Teilnahme. Künstler oder Künstlerin zu sein, heißt ja immer auch, mit seinen Arbeiten der Welt etwas mitzuteilen oder doch zumindest in einen Dialog mit dem Betrachter zu treten, besonders aber auch, sich geistig, kreativ mit verschiedenen Aspekten der Welt auseinanderzusetzen.
Genau dort liegt im Idealfall eine der Stärke von zeitgenössischer Kunst: der oft spielerische Zugang des Experimentierens und Neu-Kombinierens, dieser Blick über Denkgrenzen und Sachzwänge hinaus, der neue Lösungsansätze bieten, der aufrütteln kann , und der den Betrachter zu neuen Gefühlen und Gedanken anregt. Dieser - zugegebenermaßen ideale - unabhängige Standpunkt und Blickwinkel der Künstlerin, des Künstlers führt auch zu dem hohen moralischen und intellektuellen Gewicht, dem Äußerungen von herausragenden Künstlerpersönlichkeiten in der Öffentlichkeit zukommen können.
Diese Unabhängigkeit als Künstler ist eine Stärke, die wir uns bewahren müssen, gleichzeitig sind wir besonders dazu aufgerufen, uns zu äußern. Alle Veränderungen beginnen im Kleinen und sind nur glaubwürdig, wenn man selbst die Erwartungen erfüllt, die man an Andere stellt.
Nehmen wir die Gelegenheiten wahr, die sich uns bieten, wenn es darum geht, gegen Ungerechtigkeit und Unwahrheit die Stimme zu erheben, es sind oft kleine Erlebnisse, bei denen es einen wurmt, dass man sich nicht eingemischt, jemanden nicht verteidigt, jemanden nicht in die Schranken gewiesen, nichts unternommen hat.
Wenn man Kleinmut und Trägheit überwindet und sich gegen den Strom stellt, bekommt man oft Zustimmung, mit der man gar nicht gerechnet hat, sieht, dass man nicht allein da steht mit seiner Meinung.
Seien wir nicht die Lemminge, sondern die Avantgarde im wörtlichen Sinn des Vorausgehens.
Denn auch kleine Schritte bestimmen unsere Richtung, aber nur, wenn wir sie auch wirklich tun.
Sigrid Kofler Dezember 2017