SEPTEMBER:

 

con alma

Wolfgang Friedwagner, Ried, Malerei, Zeichnung

 

Eröffnung: Do. 12.9. 2013, 20 Uhr

Einführung: Dr. Sieglinde Frohmann

 

VIDEO DER ERÖFFNUNG

 

Dauer: bis 28.9.

Einführung con alma

 

Con Alma“ ist Jazzfreunden als Komposition von Dizzy Gillespie wohl bekannt – Hermann Linecker hat sie uns heute schon zu Gehör gebracht. „Con Alma“ ist aber auch der Titel eines 13teiligen Werkzyklus, in dem sich Wolfgang Friedwagner mit dem allzu frühen Tod seiner Frau Alma auseinandersetzt.

 

Wolfgang Friedwagner hat Alma im August 1968 kennen gelernt, knapp zwei Jahre später hat das Paar geheiratet. In den 44 gemeinsamen Jahren waren sie kulturell viel unterwegs: Der Besuch von großen Ausstellungen, das gemeinsame Erleben von 50 Jazzkonzerten – all das wurde gleichsam zu einer „Beziehungsklammer“.

 

Zwei gemeinsame Reisen waren der Beginn der bildlichen Auseinandersetzung mit der Lagunenstadt Venedig. Die entstandene Kassette mit Venedig-Ansichten machte Wolfgang Friedwagner seiner Frau zum Geschenk.

Alma war einerseits die Muse, die ihren Mann zu kreativen Leistungen anspornte, Alma war es aber auch die die Finanzen managte, als es etwa um die Herausgabe von Wolfgangs Venedig-Buch ging.

 

All die gemeinsamen Erfahrungen, Interessen und Erlebnisse spiegeln sich in dem Zyklus „Con Alma“.

 

Nach dem Tod Almas am 3. August 2012 – sie war an einer heimtückischen Krankheit verstorben – musste sich Wolfgang Friedwagner erst langsam wieder sammeln – alles war durch den Tod der geliebten Frau aus den geordneten Bahnen gerissen.

 

Nach langem Ringen war es ihm allmählich wieder möglich, die Dinge für sich so weit in eine Ordnung zu bringen, dass er mit der Aufarbeitung beginnen konnte.

 

In den letzten zwei Monaten des Jahres 2012 entstand dieser 13teilige Zyklus – zu Weihnachten lagen die z.T. collagierten Mischtechniken, fein säuberlich in Passepartouts, in der von Ernst Ammering sen. angefertigten Mappe.

 

Die einzelnen Blätter der Serie erinnern an Plattencovers. Dem Betrachter begegnen immer wieder dieselben Bildebenen:

• Es ist einerseits die Ebene der Musik, dann

• die Ebene von aufgerissenen Farbflächen, und

• die Ebene der Lebenserinnerungen, die durch Buchstaben, Wörter, Wortteile, Jahreszahlen und Bildelemente vermittelt wird.

 

Die Ebene der Musik wird meist durch die Tastatur eines Klaviers symbolisiert. Nur einmal treten an ihre Stelle die Noten von Dizzy Gillespies gleichnamiger Komposition „Con Alma“.

Auf einem anderen Blatt sind fünf weitere Lieblingskompositionen des Künstlers und wohl auch seiner Frau, genannt – drei davon stehen auf dem Programm des heutigen Abends.

Plötzlich gerät die Tastatur – bis dahin strenges Ordnungselement – in eine scheinbare Unordnung. Auf diesem Klavier kann man nicht mehr spielen – ist die Aussage des Künstlers.

 

Die farbigen Flächen bringt der Beschauer unwillkürlich mit Plakatwänden in Verbindung – aber was ist damit passiert? Sie sind von Wind und Wetter – vielleicht aber auch von den Wogen des Lebens eingerissen und geben darunter liegende Schichten frei. Diese lassen Zusammenhänge erahnen. Zum Vorschein kommt ein Bild von Venedig, aber auch das Titelmotiv der letztjährigen Landesausstellung, deren gemeinsamer Besuch geplant war – dazu ist es aber nicht mehr gekommen.

 

Es sind die Jahreszahlen des einander Kennenlernens und des Todes Almas – den Freudentränen weichen Tränen der Trauer. - Ein Vers aus einem Gedicht von Guiseppe Ungaretti; Zeitungsausschnitte in italienischer Sprache.

 

Auf dem Blatt mit dem Hochzeitsdatum ist das Gedicht von Erich Fried „Sommerregen warm …“ zu lesen – dieses war auch auf Almas Parte abgedruckt.

Durch Almas Tod war alles – aber auch wirklich alles in Unordnung geraten – zerrissen:

Nur mit Mühe kann man die Anschrift St. Ulrich 39 in St. Martin erkennen – das einzige Wort das deutlich und in aller Klarheit zu lesen ist, ist das Wort „Familie“ Diese war des Künstlers einziger Halt.

 

Im letzten Bild des Zyklus kehrt wieder Ruhe und Ordnung ein. Aber: Die Farben sind dunkel, gedämpft, lassen Friedhofserde und Grabstein assoziieren. Ein Riss geht durch und es ist klar, dass dieser nicht wieder geschlossen werden kann. Die applizierten Blätter stammen von Almas Grab, jedes Blatt steht für ein Familienmitglied. Und auch das Motiv der Klaviertasten wird durch die Applikation der Herbstblätter wiederholt.

 

In der Zwischenzeit hat Wolfgang Friedwagner den Wohnsitz in St. Martin aufgegeben und ist wieder Rieder geworden. Wir freuen uns über diese Bereicherung und wünschen ihm, dass er hier in seiner alten und neuen Heimat sein künstlerisches Werk fortsetzen kann und freuen uns auf seine rege Beteiligung am kulturellen Leben der Stadt.

 

Dr. Sieglinde Frohmann  September 2013